Neben sich stehen...

Das Land der Märchen, Nationalpark Garajonay, Gomera (copyright: Livia Prüll 2018)

...lohnt es sich dann doch. Denn "neben sich stehen" heisst ja auch zurücktreten von denjenigen Dingen, die einem beständig Kopfzerbrechen bereiten und einen - vielleicht auch zu oft - begleiten. Oft gelingt das nicht auf Knopfdruck, sondern man braucht die Anlässe, so beispielsweise bestimmte visuelle Eindrücke und Aussichten.

Bei meinem Urlaub auf Gomera hatte ich einen solchen Moment und ich habe in einem Augenblick des bewußten Handelns im Hier und Jetzt tatsächlich noch ein Foto machen können. Ansonsten bin ich aber doch eine Zeit lang abgetaucht. Assoziationen sind diejenigen einer Fantasywelt, man denkt an Elfen, Zwergen und epische Geschehnisse so wie im "Herr der Ringe" nachlesbar. Taucht man tiefer ab, was nicht steuerbar ist, dann hat man in solchen Augenblicken potentiell aber auch tief emotionale Momente, einen Zugang zu einer Ebene, den man so nicht oft, vielleicht fast garnicht in seinem Dasein erlebt hat. Es ist ein kurzer Bezug zur Ewigkeit, wo das Vergangene und das Zukünftige sich treffen, wo Erinnerungen an früher, vielleicht auch an verstorbene Verwandte und Freund kommen. Diese Erinnerungen mischen sich mit Verlustgefühlen, aber dann auch mit einer Stimmung des Immer-da-bleibens, weil das Gewesene eben doch in Erinnerungen weiterlebt und dann auch an einem Platz, der einem jetzt noch nicht zugänglich ist.

Ich glaube, der Schöpfer offenbart sich einem in solchen Momenten. Und das wichtige Empfinden dabei ist auch das eines "Egal-seins". Wie relativ werden dann die Sorgen, die man täglich mit sich herumschleppt. Wie relativ werden die Dinge, über die man sich ärgert und mit denen man sich zum Teil sehr lange beschäftigt. Aussteigen? Nein, darum geht es nicht. Aber steht man einmal so neben sich, bekommt man vielleicht doch einen neuen Blick auf die alltäglichen Dinge. Solche Momente sind meines Erachtens eine Chance und man sollte sie mehr nutzen - vielleicht dafür, große Themen, in denen man steckt, etwas zu relativieren. Um dann - das scheint kurios - noch besser mit ihnen umgehen zu können....

Liebe Grüße,

Livia

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Kommentare

Kommentar von Johanna Arnold |

Ja, diese magischen Momente, wie ich sie nenne.So selten, aber so nachwirkend. Ich war vorgestern nach mehreren Jahren im St.Blasier Dom, und kurze Zeit später in Todtmoos in der Pfarrkirche, Normalerweise nichts ungewöhnliches. Aber ich war da nach vielen Jahrzehnten, als Bub bin ich mit meiner Oma jeden Sonntag zum Gottesdienst gegangen (worden). Wie gesagt, als Junge.
Und nun stand ich nach so langer Zeit wieder in diesem Gotteshaus und zündete zwei Kerzen am Opferstock an. Eine für meine Liebsten, und für meine nächsten verstorbenen Menschen, Mutter und Vater. Die zweite Kerze war aber meine Wunschkerze. Und die sollte mir irgendwie helfen, meinen Weg zur Frau zu gehen. Ich erhoffe mir davon, mein Glück und meine Bestimmung als Frau zu finden. "Bitte, lieber Gott, helfe mir auf meinem schweren Weg in ein hoffentlich besseres Leben als Frau." Ganz profan, aber in dem Moment spontan und ehrlich.
Das ist meine Auffassung von Glaube. Das, was realisierbar ist. Und nur das gibt mir Kraft, mit meiner Transidentität einigermaßen umzugehen. Ich war danach einigermaßen glücklich, und dachte, Ich kann es schaffen, diesen riesigen Berg vor mir zu erklimmen und überwinden.
Ein phantastischer Moment. Ich glaube, ich kann das alles schaffen.

Antwort von Livia Prüll

Es sind eben dann auch ungeplante Situationen, in denen man bestimmte Eingebungen hat. Eine schöne Schilderung, die Du da gegeben hast. Die Stimmung in der Kirche und das Denken an Deine Liebsten, was Dich dann auch auf Gedanken bringt, die Dir persönlich für Dein Leben wichtig sind. Und von Bedeutung ist eben da auch gerade eine bestimmte Atmosphäre. Man schaut sich in der Kirche um, sieht die Kerzen, den Lichteinfall im Kirchenraum und spürt, dass Innen Stärke mobilisiert wird. Du glaubst dann, Du kannst es schaffen - ja, und Du schaffst es dann auch leichter, weil Du Deine Ressourcen mobilisierst, die Du hast und weil Du an Dich glaubst! Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute! Bis zu unserem nächsten Austausch,

Viele Grüße,

Livia

 

Kommentar von Chen Graf |

Liebe Livia,

neben sich stehen, oder doch ganz nah bei sich selbst sein? Manchmal braucht es das nie Gesehene, gerade die Natur bietet immer wieder Eindrücke, wo Subjekt und Objekt verschmelzen und dabei das Gefühl von Einheit entsteht, das sind die heilsamen, berückenden und spirituellen Momente, jenseits vom Messbaren und von schwarz und weiß, für mich beinhaltet Transidendität auch immer wieder diese Momente, eins mit mir selbst zu sein.

Liebe Grüße, Chen

Antwort von Livia Prüll

Liebe Chen,

danke für Deinen Kommentar, dem ich gerade nichts mehr hizufügen kann. Ausser - man sollte das einfach ernster nehmen in einer Welt, die vor allem durch materialistisches, neoliberales Denken geprägt ist, und der vielfach nicht nur soziale Verantwortung abhanden gekommen ist - sondern auch die Ideen....

Liebe Grüße,

Livia

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